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Großglockner Hochalpenstraße
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Es ist der 14. August 2003. Nachdem wir in der Vorwoche dieses Jahrhundertsommers bei bis zu 40 Grad den sehr empfehlenswerten Bodensee-Königsee-Radweg absolviert haben, wollen Maria & ich uns einen weiteren Radlertraum erfüllen - die Großglockner Hochalpenstraße.
Gebaut in den Jahren 1930 bis 1935 verbindet dieser Pass die Bundesländer Salzburg und Kärnten entlang der Hohen Tauern mit dem höchsten Berg Österreichs (3798 m).
Es empfiehlt sich, die Auffahrt sehr zeitig am Tag in Angriff zu nehmen, um dem teilweise starken Autoverkehr aus dem Weg zu gehen. Wir haben wir uns im nahegelegenen Kaprun einquartiert und fahren mit dem Auto bis nach Fusch an der Großglocknerstraße auf 811 m Höhe.
Hier beginnt zum "Aufwärmen" ein nicht zu unterschätzender 7 km langer Anstieg zum klassischen Startpunkt, der Mautstelle Ferleiten auf 1151 m, den wir um 9 Uhr erreichen. Noch ist es ruhig, was vielleicht auch an den saftigen Mautgebühren (in meiner Erinnerung waren es 27 Euro pro Pkw) liegen kann. Der Pass ist nur von Mitte Mai bis Mitte Oktober sowie nur tagsüber geöffnet. Man sollte auf dieser Höhenlage unbedingt den Wetterbericht studieren. Drei Wochen nach unserer "Erstbesteigung" war der Pass nur noch mit Schneeketten befahrbar!
Für Radfahrer ist der Service ein ganz anderer. Keine Maut und eine automatisierte Zeitmesstation, an der man ein "Ticket" lösen kann, welches am Ziel, dem Fuscher Törl, mit der bewältigten Zeit abgestempelt wird. Auf dem Rückweg kann man sich in Ferleiten eine Finisher-Urkunde ausdrucken. Nicht von der Bestzeit von 52 Minuten irritieren lassen. Sie wurde bei der Internationalen Österreich-Meisterschaft von einem Profi gefahren.
Es gibt keine Zeit mehr zum Einfahren, sondern geht gleich drastisch mit 12 % Steigung los, welche fast gleichmäßig bis zum Ziel anhalten wird. Hier ist es wichtig, schnell einen gleichmäßigen, nicht zu schnellen Tritt, einzuschlagen.
Nach 3 km erreichen wir die erste von insgesamt 14 Kehren. Diese Haarnadelkurven sind übrigens die einzigen Stellen, an denen die Steigung kurz nachläßt und man sich mal 50 bis 100 m erholen kann. Aus früheren Erfahrungen mit dem "Hunger-Ast" klug geworden, lasse ich Maria ziehen und fülle meine Energievorräte mit "Hermann Maier"-Riegeln und Isogetränk auf.
Weiter geht's, ständig im Dritten meines 27-Gang-Trekkingrades, vorbei an den regelmäßig aufgestellten Höhenschildern und den alle 200 m in die Steinabgrenzungen eingravierten Entfernungsangaben.
Der Großglockner ist ein Radfahrerparadies. Ein schier unendlicher Lindwurm zieht sich bei herrlichem Sonnenschein den Berg hinauf. Man überholt, wird überholt, findet für kurze Zeit Leidensgefährten... Aber am Berg ist dann doch jeder für sich allein.
Nach und nach überblickt man rechts ein riesiges tief liegendes Tal hinter dem sich die grandiose Berg- und Gletscherlandschaft der Hohen Tauern auftut. Immer öfter kommt man an PKW und Wohnmobilgespannen mit kochendem Kühler vorbei. Aber auch die ersten Radsportkollegen müssen absteigen. Es ist leicht, sich am Großglockner zu verschätzen.
Nach weiteren 5 Kehren erreicht man den Parkplatz Piffkar und hat bei 1620 m die Hälfte des Höhenunterschieds gemeistert. Weiter geht's. Bei ca. 1800 m Höhe ist urplötzlich die Baumgrenze erreicht. Einerseits faszinierend, andererseits auch grausam, da sich nun linker Hand der ungetrübte Blick auf die Passhöhe auftut. Hier folgt auch gleich das steilste Stück, die "Hexenküche", welche mit über 14 % Steigung ihren Namen verdient hat. Der Körper kocht, man hört den Herzschlag, der zweite Gang ist gerade noch fahrbar. Es ist der Blick auf die gigantischen Schnee- und Eisfelder, welcher es leichter macht.
Nach den langen Geraden folgen nun auf den letzten steilen 5 km in kurzen Abständen die letzten Kehren. Man kann das Ziel sehen, aber man scheint sich ihm unendlich langsam zu nähern. Vorbei am Aussichtsparkplatz ist ein Endspurt auf der abschließenden 400 m langen Rampe zum offiziellen Ziel, dem Fuscher Törl auf 2428 m Höhe Ehrensache. Mit zittriger Hand wird das Ticket bei 2:06 Stunden in den Zeitnehmschlitz gesteckt.
Dann zurück zum Parkplatz, wo Maria, die in 1:55 Stunden oben war, schon auf mich wartet. Wir haben Glück und geniessen für eine Stunde die ungetrübte Aussicht auf ein Meer von meht als einem Dutzend 3000ern, jeder Einzelne höher als die Zugspitze. Und wir selber befinden uns ja auch auf einer respektablen Höhe... Und das ganz ohne Motor...
Doch dann zieht es zu, wie vom Wetterbericht vorausgesagt. Einpacken für die Abfahrt. Von oben wirkt der Pass noch viel steiler und man glaubt gar nicht, dass man hier mit dem Rad hochgekommen ist. Allzu großer Genuß kommt bei der Abfahrt auch nicht auf; denn die engen Kurven fordern den Bremsen das Äusserste ab. Der Autoverkehr trägt auch seinen Teil dazu bei, wenngleich man sagen muss, dass die Straße ausreichend breit ausgebaut ist, so dass man sich eigentlich nicht bedrängt fühlen müßte. Allein, man ist bergab einfach schneller als die...
Man begegnet auch noch sehr vielen Radlern, welche den Berg noch vor sich haben. Bei diesen Wetterverhältnissen ein zweifelhaftes Unterfangen, denn wir erreichen unser Auto gerade noch, bevor starker Regenfall einsetzt.
In einem Fuscher Gasthof feiern wir bei Prosecco und Kaiserschmarrn unseren "Großglocknersieg". Wir sind uns einig, dass dieser Pass ein wunderschönes Erlebnis in einer grandiosen Landschaft war. Von der Schwierigkeit hat es den Klassiker "Alp d`Huez", welchen wir im Vorjahr bezwungen haben, bei Weitem übertroffen.
Wir haben Appetit auf mehr. Wohin wird es uns 2004 ziehen?
© 2003 Manfred Rehm, Traunreut/Chiemgau
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