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Blog: Streckenrecherche Ostseeküsten-Radweg Schleswig-Holstein - 3. Etappe von Eckernförde nach Laboe am 29.09.12
Nach der Übernachtung in Ascheffel, wo mein Bruder Michael und seine Freundin wohnen, fahre ich zunächst nach Eckernförde, um noch kurz bei Michael vorbeizuschauen, der längst in seinem Tabak- und Weinladen steht. Als ich dort abfahren will, regnet es leicht, und Michael meint, daß es laut Wetterbericht sogar nur noch schlechter werden könnte. Okay, dann ziehe ich halt die komplette Regenbekleidung an; auch wenn man trotz Hightech-Fasern darunter immer schwitzt, wenn man sich richtig ins Zeug legt.
Kaum daß ich Michaels Geschäft verlassen habe, hört es auf zu regnen. Petrus beliebt zu scherzen! Folgerichtig entledige ich mich bereits kurz nach dem „Küstenfrieden“ (kein geistiges Getränk, sondern ein Friedwald an der Steilküste der Eckernförder Bucht) der Regenhose und der Gamaschen; denn die schränken die Belüftung des Körpers besonders ein. Die Jacke kann man schließlich nach Bedarf öffnen und schließen.
Wie schon vor Eckernförde bescheren die Planer von Schnellmark bis Krusendorf eine öde Piste entlang einer Landesstraße, vornehm Bäderstraße genannt. Der Geh- und Radweg als solcher geht ja in Ordnung, doch welcher Reiseradler will schon beständig auf dem „Standstreifen“ einer für den Kfz-Verkehr perfekt ausgebauten Straße (schön lang gezogene Kurven), die entsprechend schnell befahren wird, länger als unbedingt nötig pedalieren? Die hiesigen Planer verstehen wirklich nichts vom Radfernwandern. Also habe ich eine Variante über die Dörfer gesucht und gefunden, mal sehen, wie die bei den Lesern ankommt.
In Krusendorf werde ich endlich von dem lästigen Autoverkehr erlöst und darf auf einer schönen alten Allee radeln; wo gibt es so etwas schon noch in den alten Bundesländern? Hernach folgt der Ostseeküsten-Radweg wie bisher immer dem Geh- und Radweg einer nun wesentlich schwächer befahrenen Straße. Strande wird links liegen gelassen, ebenso das Olympische Dorf in Schilksee. Wieso werden die Radreisenden nicht direkt daran entlang geführt? Hat Kiel denn so viele andere attraktive Ziele, an denen die Ostseeküsten-Radler ohnehin vorbeikommen?
Allerdings muß ich auch konstatieren, daß man ansonsten in Kiel seine Hausaufgaben gemacht hat; denn kaum ist die Stadtgrenze überschritten, wird die Wegführung und -weisung besser (Schilksee natürlich ausgenommen). Dabei zeigt man sich selbstbewußt genug, die Hinweise nicht der „ADFC-Norm“ entsprechend mit grüner Schrift auf weißem Grund zu versehen, sondern bleibt beim schon zuvor verwendeten Rot auf Weiß. Wichtiger finde ich ohnehin die Führung; denn eine wirklich gute gelingt nur mit Sach- und Fachkenntnis (so Oskar Balsiger, ein Tiefbauer des Kantons Bern, schon 1988 in einer Publikation zum Veloverkehr). Vom Fach mag ja die Person sein, die den Verlauf des Ostseeküsten-Radwegs um Eckernförde herum geplant hat, aber von der Sache (dem Reisen mit dem Fahrrad) versteht sie nichts.
Das ist in Kiel (zunächst) offensichtlich anders; denn die Radtouristen werden von der vielbefahrenen, vierspurigen Fördestraße weg auf ruhige Wohnstraßen und -wege gelenkt. Später verläuft die Route auch mal auf etwas zu grobem Schotter, aber dafür folgt als Ausgleich eine schöne Abfahrt auf Asphalt. Wieso allerdings beim MaK-Gelände (ehemaliger Maschinenbau Kiel, heute zu Caterpillar gehörig) plötzlich keine Radhinweise mehr zu finden sind, weiß der Himmel.
Nachdem man den Flughafen passiert hat, wird man daran erinnert, daß man sich in einer Landeshauptstadt befindet und muß quasi auf dem Standstreifen der autobahnähnlich ausgebauten B 503 radeln. Sinnigerweise führt der Ostseeküsten-Radweg dort auch noch an einer Tankstelle vorbei, doch zu meiner Überraschung ist eine Autofahrerin, die nach dem Tanken wieder auf die Piste möchte, sehr aufmerksam und dreht sich extra nach eventuell passierenden Radfahrern um – vorbildlich!
Doch die Highlights kommen erst noch, z.B. die Überquerung des Nord-Ostsee-Kanals mit einem Schuhkarton (jedenfalls schaukelt er auf dem Wasser so und sieht auch so aus, Foto: Schmull). Die Überfahrt erfolgt nur wenige Meter von der Schleuse Kiel-Holtenau entfernt, so daß man ggf. auch noch das rege Treiben beim Auslaufen miterleben darf.
Und dann geht es an die Förde, herrlich! Was für ein Glück, daß ich außerhalb der Saison unterwegs bin; denn bei schönem Wetter ist hier sonst auch gerne mal der Teufel los. Obwohl jetzt auch die Sonne scheint, wie durchaus üblich im Norden wechseln sich Sonnenschein und heftige Schauer in schneller Folge ab. Wie sagte eine Ex von mir: Sie sei von der (Nordsee-)Küste, sie wisse, daß man das schöne Wetter sofort genießen müsse, und das tun jetzt offensichtlich auch die Ossis, also hier Kieler.
Eigentlich will ich in der City in einem traditionellen Café einkehren, doch es ist geschlossen, weshalb ich mit einer Bar an der Förde vorlieb nehme: Ist ja auch schon zwei Uhr. Aber der Kaffee ist gut, die Aussicht auch, und so setze ich frohgemut die Fahrt fort. Dabei begibt es sich, daß ich brav auf einem Bordsteinradweg fahre, als ich ein gutes Stück voraus bei einer Bushaltestelle, einen Mann aus dem Bus steigen sehe. Gerade als ich nur zwei, drei Meter von ihm entfernt bin, quert er, ohne sich umzudrehen, den Radweg. Wie schön, daß wir einen siebten Sinn haben, denn ich habe es geahnt und längst das Tempo gedrosselt. Wozu aufregen?
Das Wetter wird immer besser; Sonnenschein noch und nöcher! Und so radele ich genüßlich nach Laboe, meinem heutigen Ziel, wo ich erst einmal einen Welcome-Drink am Strand genieße, um große Schiffe zu gucken. Damit schließt sich übrigens ein großer Lebenskreis; denn als Fünfjähriger habe ich (selbstverständlich verbotenerweise) allein meine erste Fahrradtour zum Hamburger Hafen gemacht, um genau das zu tun: Große Schiffe gucken. In diesem Sinne:
Allzeit gute Fahrt!
P.S.: Das Ergebnis der Recherchen - und der "Heimarbeit" - finden Sie hier -> Ostseeküsten-Radweg Schleswig-Holstein: Etappe 3 von Eckernförde nach Kiel und Etappe 4 von Kiel nach Hohwacht.
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