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Blog: Streckenrecherche Ostseeküsten-Radweg Schleswig-Holstein - 4. Etappe von Laboe nach Großenbrode am 30.09.12

Das auf gut Glück gebuchte Hotel erweist sich als gute Wahl; denn ich habe nicht nur gut geschlafen und gefrühstückt, sondern meine Fahrraddame Stina hatte auch ein warmes und trockenes Plätzchen in einer Garage. Als wir um 10:00 h starten, ist draußen rein gar nichts los; verblüffend, war es doch gestern am Spätnachmittag und frühen Abend recht belebt, aber das waren offensichtlich weit überwiegend Tagesausflügler.

Stein/OstseeStein/Ostsee wirkt auch wie ausgestorben, die wenigen Leute, die ich treffe, sind allerdings gut drauf, auch die drei kleinen Kinder, die scheinbar allein spielen (scheinbar, weil irgendwo lauern doch bestimmt die Eltern, ich sehe sie allerdings nicht). Tja, und allein spielen müssen Stina und ich denn alsbald auf der breiten, Fußgängern und Radlern vorbehaltenen „Rennstrecke“ auch; denn trotz des sagenhaft guten Wetters – ich bereue schon, kein Sonnenschutzmittel mitgenommen zu haben – läßt sich so gut wie niemand blicken. Okay, vielleicht ist es für empfindliche Leute etwas zu windig, aber wir sind im Land zwischen den Meeren, da frischt es schon einmal auf. Das weißt doch jedes Kind. Und gut, es sind auch graue Wolken am Himmel zu sehen, aber wenige und irgendwie nicht von hier; sie wirken so, als ob sie sich selbst deplatziert fühlen.

Auf der RennstreckeTrotzdem: Nix los. Und schon gar keine Radfahrer! Vor einem Jahr waren wir bei ein klein wenig noch besserem Wetter (es war wärmer) hier unterwegs, und es war brechend voll - na ja, im Vergleich zu heute. Was ist bloß los? Kehre etwas gefrustet, hatte schließlich gehofft, auf der „Rennstrecke“ Fotos mit vielen Radlern schießen zu können, in Schönberger Strand in einem Café ein.

Während meiner Pause hat sich wenigstens ein bißchen getan; es ist nicht nur wärmer geworden, sondern es sind auch ein paar mehr Leute zu sehen. Allerdings vor allem solche, die sich sehr wundern, daß ich mit einem kurzärmeligen Hemd unterwegs bin. Sorry, jeder kann unschwer feststellen, daß ich eine Weste darüber trage. Wen es interessiert sogar, daß es zwei Westen sind. Und Funktionsunterwäsche habe ich auch noch drunter. Den Rückenwind (mehr oder weniger) kann ich eigentlich auch unerwähnt lassen; denn die Leute beziehen den offensichtlich nicht in ihre Überlegungen ein: Es ist jetzt Herbst, und da hat man sich auch wie im Herbst anzuziehen. Alles andere ist ein Abweichen von der Norm, was in unserer angeblich so individualistischen Gesellschaft abgelehnt wird. Ich rege mich jetzt nicht auf, ich nicht!!!

Selbst die schönste Piste hat ein Ende, und Stina und mich die Realität wieder, was hier heißt ein teils etwas grober Schotterweg, der teilweise auch matschig ist. Wieso kann man nicht mal irgendwann einen Tiefbauer aus Schleswig-Holstein nach Franken schicken, damit der sich erklären läßt, wie man eine wassergebundene (Schotter-)decke baut. Und mal angenommen der kapiert das, kann er es doch den anderen in Schleswig-Holstein ... Ach, vergiß es, das wird nichts!

Und was die lieben Mitmenschen anbelangt: Ich will nicht ungerecht sein, es gibt vereinzelt immer wieder Leute, die freundlich schauen oder sogar freundlich grüßen. Witzigerweise sind das heute eher Männer als Frauen. Fällt es den Frauen heute schwerer, weil sie noch weniger verknusen können, daß da etwas nicht stimmen kann: Traumwetter und sie selbst eingemummelt in den neuen Jack Wolfskin-Klamotten. Aber der Wetterbericht. Die Jahreszeit. Die Herbstmode...

Petrus lächelt nur müde und schiebt Stina und mich so kräftig, daß wir ohne jede Anstrengung mal eben mit 40 km/h durch die Lande sausen. Tun muß ich allerdings auch etwas, nämlich ganz sanft aufwärts zur Landesstraße L 165 radeln, aber das freut mich, denn man will sich ja auch mal spüren und nicht nur dahinrollen.

Wie unterschiedlich dieselbe Situation von verschiedenen Leuten wahrgenommen wird, zweigt sich alsbald nach Satjendorf; denn erst kommt mir ein Rennradfahrer entgegen, der richtig gut drauf ist, und zwar obwohl er gerade auf freiem Feld nicht nur gegen den Wind ankämpfen, sondern auch noch hügelan muß. In Behrensdorf begegne ich dann einer radelnden Familie, die ebenso das unerwartet gute Wetter nutzt und sich aus eigener Kraft bewegt, was ihnen ihre Körper sicherlich danken werden, aber trotzdem sind acht Mundwinkel unten!

Dafür habe ich ein drolliges Erlebnis in Hohwacht: An einer T-Kreuzung fallen mir Radhinweise auf, die man sogar aus einer größeren Entfernung lesen kann und die ich prompt fotografieren muß. Hernach schwinge ich mich auf Stina und biege etwas voreilig auf den jenseitigen Geh- und Radweg ein; denn auf ihm kommen mir eine Frau und ihr Sohn entgegen, die ein kleines Boot hinter sich herziehen. Klar, da weiche ich gleich wieder auf die Fahrbahn aus, aber das irritiert den Autofahrer hinter mir: Erst kommt er von links, jetzt von rechts ... Aber er schnallt warum und ist erfreulich relaxt.

Steg über die Nessendorfer MühlenauAls ich die Nessendorfer Mühlenau überquere, komme ich mit einem älteren Camper ins Gespräch, der mir erzählt, daß es hier früher keine Brücke gab. Seine Frau und er hatten einen Zeltplatz auf der Hohwachter Seite, doch manchmal waren abends auf der Sehlendorfer bessere Tanzveranstaltungen als auf ihrer, also sind sie bei Niedrigwasser barfuß durch den flachen Graben. Es kam allerdings öfters vor, daß nachts der Wind drehte und damit der Wasserspiegel stieg, so sehr, daß die beiden, duhn wie sie waren, zurück schwimmen mußten. C’est la vie!

Doch nicht nur er ist gut drauf: Ein paar hundert Meter weiter kommt mir ein Vater mit seinen beiden Söhnen radelnd entgegen, der Jüngste vorweg. Und der grüßt so freudig, daß mir richtig warm ums Herz wird. Seine Augen sagen klipp und klar: „Mit dem Fahrrad auf Reisen“ oder besser „Der Wind kommt immer von vorn“, das ist es, was ich will. Und ich freue mich, daß ich einen Nachfolger haben werde. Hatte ich schon erwähnt, daß er erst sechs ist?

In Heiligenhafen staune ich mal wieder ob der brutalstmöglichen Architektur, aber ohne die unzähligen Ferienwohnungen in den Bettenburgen würde das hübsche alte Zentrum wohl nicht funktionieren. Eigentlich habe ich schon keine Lust mehr zum Radeln, trinke auch schon mal auf dem Markt meinen Welcome-Drink, muß aber noch nach Großenbrode, wo ich die Nacht zu verbringen gedenke.

Fazit: Was für ein Tag! 30. September und Sonne pur. Ich habe sogar einen Sonnenbrand. Das habe ich nun wirklich nicht gewollt. Freue mich auf morgen: Einmal rund um Fehmarn. Wieder Sonne und Wind pur? Ist Nicht-Radfahrern eigentlich das Phänomen Windbrand bekannt? Nun ist es aber genug, um neun wartet der Wirt mit dem Frühstück. Das Leben ist schön!

Allzeit gute Fahrt!

Hinnerk R. Ginsther, Ostseeküsten-Radweg Schleswig-Holstein


P.S.: Das Ergebnis der Recherchen - und der "Heimarbeit" - finden Sie hier -> Ostseeküsten-Radweg Schleswig-Holstein: Etappe 4 von Kiel nach Hohwacht und Etappe 5 von Hohwacht nach Lütjenbrode.

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