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Blog: Streckenrecherche Ostseeküsten-Radweg Schleswig-Holstein - 7. Etappe von Timmendorfer Strand nach Lübeck am 04.10.12
Da ich gestern an der Saison-Abschlußfahrt von R3 teilgenommen habe, reise ich heute morgen mit dem Zug an, genauer: fahre von Eckernförde über Kiel nach Pondorf, von wo ich nach Timmendorfer Strand radle. Leider ist es bedeckt, so daß ich kaum Fotos machen kann. Eines muß aber trotzdem sein, nämlich vom „Strandweg“, einer netten Lösung für den Ostseeküsten-Radweg; dafür steigt man doch gern einmal ab.
Ansonsten fällt das Recherchieren leicht; denn es gab auf dem Abschnitt bis Travemünde seit meiner letzten Ostseeküstentour keine Änderungen. Im Herzen der „schönsten Tochter Lübecks“ kehre ich wie gewohnt beim Café Niederegger ein, so viel Zeit muß sein. Da das Wetter nicht so schön wie auf dem nebenstehenden Foto ist, muß ich mich allerdings rein setzen, was aber im ersten Stock mit einer schönen Aussicht belohnt wird.
Petrus ist heute offenbar nicht gut drauf, jedenfalls nieselt es, als ich aus dem Café komme. Egal, jetzt muß die neue Strecke nach Lübeck recherchiert werden, da mir die alte – überwiegend entlang der B 75 – nicht mehr gefiel. Das klappt wie am Schnürchen, und obendrein wundert sich in Pöppendorf zwar ein Bauer, daß noch ein Reiseradler unterwegs ist, freut sich aber und grüßt sehr freundlich. Was will man mehr?
Als ich an der Haltestelle des Shuttle-Busses für den Herrentunnel ankomme, ist der Bus offenbar gerade weg, so daß ich mich ein paar Minuten gedulden muß. Erst kommt ein junger Mann mit dem Fahrrad, der aber, als er mich unter dem Dach des kleinen Wartehäuschens entdeckt, lieber etwas entfernt im mittlerweile strömenden Regen stehen bleibt – sehe ich so gefährlich aus? Nur wenige Augenblicke später trifft eine Frau in den besten Jahren ein, die ohne zu zögern mit ihrem Rad das Wartehäuschen ansteuert. Sie wirkt nicht nur nordisch patent, sondern ist es auch, und so beginnen wir sogleich einen netten Smalltalk über Gott und die Welt. Den setzen wir im Bus fort, doch kaum daß wir jenseits des Tunnels angekommen sind, beeilt sie sich mit dem Aussteigen und dem Radeln so sehr, daß nicht einmal Zeit zum Abschied bleibt. Etwas verwundert fahre ich mit gebührendem Abstand hinterher und sehe beim ersten möglichen Abzweig, daß sie extra kurz anhält, um tschüs zu sagen. Na, dann ist meine kleine Welt ja wieder in Ordnung.
Die Strecke in Israelsdorf („der Name ergibt sich nicht aus dem Volk oder Land Israel, sondern ist eine Weiterentwicklung der mittelalterlichen Bezeichnung Yrsahelestorp“ [yrsa = irren, verirren; helen = heimlich] -> siehe Wikipedia) und Karlshof erweist sich als gut und ist vor allem relativ leicht zu finden, obwohl sie nicht mit Radhinweisen beschildert ist. Das ist in Anbetracht dessen von Bedeutung, daß ich ja nicht möchte, daß sich unsere Leser verirren (sic!), sondern sie kaum durch Kfz gestört in die „Hauptstadt der Ostsee“ gelangen sollen. Den Titel hat Lübeck übrigens mehr als verdient, weil die Stadt einst das Leben an allen Ostseeküsten mehr als irgendwer sonst bestimmte, weil sie die reichste und mächtigste Handelsstadt im Ostseeraum war und ungeheure Schätze anhäufte, von denen trotz der Bombardierungen im Zweiten Weltkrieg der größte Teil erhalten blieb bzw. rekonstruiert wurde, und weil in Lübeck heute mehr Gebäude aus dem 13.-15. Jh. als in allen anderen norddeutschen Großstädten stehen. Neugierig geworden? Dann lesen Sie hier doch gleich noch die Ortsbeschreibung.
Da der Regen nachläßt, werde ich übermütig und fahre bis nach Ratzeburg. Das rächt sich; denn ich werde wieder pitschepatschenaß, genau wie am ersten Tag dieser Tour. Verrückte Streckenrecherche, zweimal weichgespült, aber auch Sonnenbrand. Also ab nach Hause. Die Bahn zeigt sich von ihrer besten Seite und fährt pünktlich auf die Minute. Nur ein Problem habe ich zwei Wochen später: Als ich am 18. Oktober 2012 mein Lieblingscafé in Berlin verlasse und die Straße queren will, um zu meiner Fahrraddame Stina (Riese & Müller Delite) zu gelangen, wundere ich mich, was da in der Sonne so merkwürdig spiegelt; es ist eine Bruchstelle am Hinterbau! Ach Stina: Die Ostsee sehen und sterben? Das kann es doch nicht gewesen sein. Doch das war´s: 87.500 km in 12 Jahren sind genug, meint sie, und Frauen, auch Fahrraddamen haben immer recht!
Allzeit gute Fahrt!
P.S.: Das Ergebnis der Recherchen - und der "Heimarbeit" - finden Sie hier -> Ostseeküsten-Radweg Schleswig-Holstein: Etappe 8 von Neustadt in Holstein nach Lübeck.
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