Bitte wählen Sie anhand der Karte eine der - in dieser Übersicht nur skizzierten - Etappen aus und klicken Sie auf den entsprechenden Link in der Spalte links.
Übersichtskarte auf der Basis der TOP 1:1 Mio. (topografische Karte 1:1.000.000), hier im Maßstab 1:750.000
Sie sehnen sich nach Sommer, Sonne, Strand und Meer? Dann sind Sie an der Ostseeküste von Mecklenburg-Vorpommern richtig. Das gilt auch, wenn Sie auf der Suche nach mondänen Seebädern sind. Und auch, wenn Sie einsame Strände bevorzugen; denn in Mecklenburg-Vorpommern gibt es so viel Platz an der beinahe endlos langen Küste, dass alle Wünsche erfüllt werden können. Auch das Bedürfnis nach kultureller Erbauung wird befriedigt, denn der Ostsee-Radweg führt durch so berühmte Hansestädte wie Wismar, Stralsund und Greifswald, in deren Altstädten hanseatische Schätze ihrer Entdeckung harren.
Die einst bedeutendste aller Hansestädte bietet sich für den Start der Tour an; denn Lübeck ist nicht nur von überall aus gut zu erreichen, sondern bestimmte in der glorreichen Hansezeit das Leben an allen Ostseeküsten mehr als irgendwer sonst. Wenn Sie den Dünkel der Hanseaten verstehen wollen, sind Sie in Lübeck genau richtig. Im Übrigen empfiehlt es sich wegen der Hauptwindrichtung, dem Ostsee-Radweg von West nach Ost zu folgen.
Nachdem Sie das hanseatische Leben auch noch in Travemünde genossen haben, soll es dann aber mal losgehen, und das tut es auch – jedenfalls in topographischer Hinsicht. Sie werden nämlich schon auf dem Weg nach Boltenhagen bzw. Wismar (Etappe 2) eine Besonderheit der mecklenburgisch-vorpommerischen Küstenlandschaft kennenlernen, die sich insgesamt durch den Wechsel zwischen Steil- und Flachküsten, zwischen fast geradlinig verlaufenden Außenküsten am offenen Meer und stark gegliederten Binnenküsten an den Bodden und Haffs sowie schließlich zwischen ebenen Niederungen und (meist sanften) Hügeln auszeichnet. Diese Formenvielfalt ist das Produkt dreier Prozesse, wovon am Beginn die Eiszeit stand (Auswirkungen vorheriger Phasen der Erdgeschichte sind an der Oberfläche kaum vorhanden, eine Ausnahme sind z.B. die Kreidefelsen auf Rügen). Die aus Skandinavien vordringenden Gletscher brachten riesige Geröllmassen mit, die nach dem Abschmelzen des Eises zurückblieben und als Moränen bezeichnet werden. Natürlich verteilte sich das Material nicht gleichmäßig, sondern bildete eine wellige Landschaft, die sich heute z.B. südlich der Wismarer Bucht bis 113 m, bei Kühlungsborn bis 130 m oder auf Rügen bis 162 m über den Meeresspiegel erhebt. Sie brauchen sich also nicht zu schämen, wenn Sie 'schon' in Boltenhagen aus der Puste sein sollten.
Nach dem Ende der Eiszeit stieg wegen des geschmolzenen Eises weltweit der Meeresspiegel und führte an der südlichen Ostseeküste zur Überflutung der Mulden, so dass aus den Höhen Halbinseln und Inseln wurden. Sodann setzte die dritte Phase ein, der so genannte Küstenausgleich, der bis heute anhält: An manchen Stellen greift das Meer an und lässt Steilufer entstehen, transportiert das abgetragene Material kilometerweit und lagert es an Flachküsten wieder ab. Auf diese Weise bilden sich Haken, die bis zu mehrere Meter pro Jahr 'wachsen' können, wie z.B. Neu- und Altbessin an der Nordostseite von Hiddensee. Teils entstehen durchgängige 'Brücken' bis zum Festland oder zur nächsten Insel, die als Nehrungen bezeichnet werden, wie z.B. die Schaabe auf Rügen. Auf diesem Prozess beruht auch die Eigentümlichkeit, dass eine Halbinsel drei Namen trägt: Fischland-Darß-Zingst – früher waren es tatsächlich einmal drei einzelne Inseln.
Doch nicht nur das Meer formt die Küste, auch der Wind hat ein Wörtchen mitzureden. Einerseits schließt er sich mit den Wassermassen zusammen, im Extrem landläufig als Sturmfluten bekannt – im Falle der Ostsee, die keinen Tidenhub kennt, wäre Sturmhochwasser richtiger –, andererseits trägt er trockenen Sand vom Strand (natürlich entsprechende Windrichtung vorausgesetzt) landeinwärts und lagert diesen bei den nächsten Hindernissen ab, so dass Dünen entstehen.
Während die Außenküste also beständigen Änderungen unterliegt, verläuft die Entwicklung an der Binnenküste der Bodden und Haffs weit geruhsamer. Der Wind weht hier schwächer und peitscht das Meer weniger vor sich her, so dass durch Verlandung weite Flachwasserbereiche mit teils ausgedehnten Schilfgürteln entstehen, die eher an Süßwasserseen als an die (schwach) salzhaltige Ostsee denken lassen. Entsprechend sind die Bademöglichkeiten an der Binnenküste in der Regel bescheiden, und im Schilf haben Menschen – außer um Reet für die Dächer ihrer Häuser zu schneiden – sowieso nichts zu suchen. Ferner ist der Austausch der Wassermassen gering, und belasten die Zuflüsse mit ihren Schadstoff-Frachten die Bodden und Haffs in hohem Maße.
Zum Ausgleich sind an der Außenküste fast immer feinsandige Strände zu finden – Ausnahmen sind manchmal die Steilküsten, wo auch gröberes Gestein die Szenerie beherrschen kann. Apropos Strand: Nachdem ab 1793 mit Heiligendamm das erste deutsche Ostseebad entstand, setzte ein Prozess ein, der die Menschen nach und nach mit dem Meer versöhnte – galt es doch zuvor als unwirtlich und lebensbedrohend. Gerade an der Ostseeküste mag das aber auch an den Wassertemperaturen gelegen haben; denn mehr als 18 °C sind auch im Hochsommer selten drin. Und da wird so manchem Gast eine Gänsehaut wachsen. Auch die Lufttemperatur ist eher als gemäßigt zu bezeichnen.
Dabei ist eine deutliche Differenzierung des Klimas von West nach Ost feststellbar. Der Westen wird noch stark maritim beeinflusst, während im Osten schon eher kontinentale Einflüsse wirken. So sind nicht nur die Niederschläge im Westen höher (aber natürlich auch stark von der lokalen Geländeformation abhängig), sondern auch die heiteren Tage seltener (Poel im Mittel 34, Usedom 45 Tage pro Jahr), und die Zahl der Sommertage (Maximum mindestens 25 °C) beträgt auf Hiddensee, das sich frontal den Westwinden entgegenstellt, 8, in Ueckermünde hingegen 18.
Ihre Veloreise wird aber auch dadurch geprägt werden, dass es einen beständigen Wechsel zwischen beinahe menschenleeren, von der Agrar- und Forstwirtschaft geprägten Landstrichen und teils schon überlaufenen Seebädern gibt. Genauso verhält es sich übrigens mit den Stränden; denn manche sind so weit von den Badeorten und mit Kfz befahrbaren Straßen entfernt, dass der gemeine Bürger nicht weiß, wie er dort hinkommen soll. Wenn Sie also keine Lust haben, zusammen mit Tausenden am Strand zu liegen und baden zu gehen, müssen Sie das nicht: Radeln Sie einfach ein Stückchen weiter und schon haben Sie Ihre Ruhe. Ehrlich!
Viel Vergnügen sowie Rad- und Speichenbruch wünscht