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Ostsee-Radweg MV :: Etappe 10
Glowe - Spycker - Bobbin - Neddesitz - Nipmerow - Lohme - Ranzow - Nationalpark Jasmund - Königsstuhl - Hagen - Sassnitz - Neu Mukran - Prora - Binz (53 km)
Start: |
Ostseeperle in Glowe. |
Strecke: |
Schon nach wenigen Kilometern wird es auf dieser Etappe ziemlich hügelig, und manch eine/r wird staunen, wie steil es in der norddeutschen Provinz sein kann. Damit das Radfahren nicht zu leicht fällt, ist teilweise auch der Belag - vornehm ausgedrückt - bescheiden. Aber ein Blick vom Königsstuhl auf die Kreidefelsen ist das doch wert, oder? Nachdem Sie den Fährhafen bei Neu-Mukran passiert haben, verläuft der Ostsee-Radweg auch schon wieder eben, und vorbei am Nazi-Größenwahn in Prora geht es nach Binz, wo die schicke Bäderarchitektur für so manch Ungemach zu entschädigen weiß. |
Ziel: |
Normaluhr in Binz. |
Downloads: |
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für Google Earth |
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für GPS-Geräte/Kartenprogramme |
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für die TOP200 (topografische Karte 1:200.000) |
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auf der Basis der TOP200 (topografische Karte 1:200.000), hier im Maßstab 1:150.000 |
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mit Kurzbeschreibung der Strecke sowie Hinweisen zu Orten, Sehenswürdigkeiten und Gastronomie. |
Durch Glowe rollen die Räder auf einem Radweg aus Betonsteinpflaster, bis der Ostsee-Radweg halbrechts in die Straße mit dem Namen Alt Glowe abzweigt, und Sie sich über glatten Asphalt freuen dürfen. Bei einem einsam gelegenen Gehöft schlagen Sie einen weiten 180°-Bogen und achten darauf, dass die Route dort abrupt rechts auf einen Geh- und Radweg abknickt.
Mit vielen Bögen – Achtung: Gegenverkehr! – leitet der Weg zu einem Steg, der auch mit Kinderanhänger benutzt werden kann, bevor sich jenseits bald einspuriger Asphalt in Skaterqualität anschließt, auf dem Sie genüsslich durch die Wiesen zum Schloss Spycker radeln. Kurz vor dem Schloß wird es noch einmal spannend; denn es geht erst rechts, dann zweimal links, unmittelbar am Schloss noch einmal rechts/links und schließlich rechts auf eine schmale Asphaltierte, die bis zur Landesstraße L 30 leitet.
Da dort die Verkehrsbelastung oft beachtlich ist und da ein nicht unerheblicher Anstieg nach und in Bobbin Ihrer harrt, wurde den Radfahrern ein zunächst glatt asphaltierter, später betonsteingepflasterer Weg spendiert. Am Ortsende wechselt der Radweg auf die linke Straßenseite, bevor der Ostsee-Radweg links abzweigt und es sich lohnt, schon mal tief Luft zu holen, da ein Anstieg mit 10 % Steigung folgt. Nachdem Sie rund 50 Höhenmeter erobert und einen Aussichtspunkt mit Pausenhäuschen erreicht haben, dürfen Sie sich erholen, sausen hinab zu einer Nebenstraße und finden jenseits von ihr wieder
einen Geh- und Radweg in Skaterqualität – ja, so ist es recht!
Sanftwellig geht es bis zum Ortseingang von Neddesitz, wo der Ostsee-Radweg scharf links abknickt, und Sie nun auf der vorzüglich asphaltierten Fahrbahn radeln dürfen. Auf dieser fällt auch der bald folgende recht beachtliche Anstieg bis hinauf in die luftige Höhe von 100 m ü.N.N. nicht allzu schwer. Zur Entschädigung wird eine schöne Aussicht auf die See und das Kap Arkona geboten.
Es folgt auch eine schöne Abfahrt, bevor der Ostsee-Radweg rechts abknickt und die Räder nun auf glatten Betonspurplatten schnurstracks nach Osten rollen. Die sanften Wellen meistern Sie sicher mit links und erreichen derart schon bald bei Nipmerow die Einmündung in die Landesstraße L 303.
Dort sind die nebenstehenden Hinweise zu finden, und Sie lassen sich von dem Radhinweis nach Stubbenkammer und Lohme (5,8 bzw. 1,5 km) nicht irritieren, sondern folgen dem Wanderhinweis nach Lohme (2,0 km). Das heißt, Sie biegen scharf links in die Landesstraße ein, um sie nach gut 100 m schon wieder halbrechts abzweigend zu verlassen und auf gutem Asphalt steil abwärts zu rollen. Alsbald, nachdem Sie in eine schöne alte Allee eingebogen sind, wird Lohme erreicht, wo Sie geradeaus in die Sackgasse mit dem schönen Namen Ostseeblick fahren können, bevor es rechts zurück zur Hauptstraße und auf dieser in die Ortsmitte geht.
Lohme, 15 m ü.N.N., 450 Einw., liegt nicht nur reizvoll an der Steilküste, sondern bietet sich auch als Übernachtungsstätte an, wenn Sie den Nationalpark Jasmund gründlich erkunden und nicht nur einmal mit dem Velo durchradeln wollen. Und wenn Sie etwas Zeit mitbringen, können Sie im Haus der Tourist-Information die Heimatstube besuchen, um u.a. mehr über die berühmteste Tochter der Nachbarschaft zu erfahren.
1843 wurde nämlich auf dem Gut Bisdamitz (unweit westlich) Franziska Tiburtius geboren, die nach dem Schulabschluss zunächst eine damals für Frauen ganz gewöhnliche Berufskarriere als Gouvernante und Erzieherin durchlief. Doch mit Ende Zwanzig genügte ihr dies nicht mehr, und sie beschloss, Medizin zu studieren, was 1870 allerdings für eine Frau ganz und gar ungewöhnlich, weil eigentlich unmöglich war. In Deutschland durften Frauen seinerzeit nicht studieren, allerdings in Zürich, wo man(n) bereits aufgeschlossener war. Nach ihrer Promotion 1876 zum Doktor der Medizin absolvierte sie u.a. ein Praktika an der Frauenklinik in Dresden,
erhielt dort aber trotz der in Zürich erteilten Berufszulassung keine Approbation. Immerhin konnte sie in Berlin mit einer Studienkollegin eine eigene Praxis eröffnen (Foto der Denktafel am dortigen Haus: Arche-foto, Burkhart Rüchel), doch mussten sich die beiden Frauen als 'Dr. med. in Zürich' ausweisen, womit sie 'nur' den Status von Heilpraktikern hatten. 'Arzt' konnte schließlich nur sein, wer eine deutsche Approbation hatte!
Touristik Lohme GmbH,
Arkonastraße 31, 18551 Lohme,
Fon 038302 / 88855, Fax 038302 / 88857,
E-Mail touristik-lohme@t-online.de,
Internet www.lohme.de.
Krüger Naturcamping: Familienbetriebener Campingplatz, direkt im Nationalpark Jasmund gelegen. Radfahren und Wandern zum Königsstuhl und der Kreideküste. Wir haben eine kleine gutbürgerliche Gaststätte und täglich frische Brötchen. Fahrradservice am Platz sowie ein Busshuttle zu verschiedenen Zielen.
Krüger Naturcamping,
Norbert & Frank Krüger,
Jasmunder Straße 5, 18551 Lohme-Nipmerow,
Fon 038302 / 9244, Fax 038302 / 56308,
E-Mail info@ruegen-naturcamping.de,
Internet www.ruegen-naturcamping.de.
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Am östlichen Ortsende geht es eine Weile sanft hügelan, bevor Sie links auf eine Asphaltierte nach Ranzow abzweigen. Das dortige Hotelschloss lassen Sie rechter Hand liegen und folgen links/rechts einem Radhinweis auf einen Schotterweg, der teils losesandig ist und der sanft hügelan in den Wald leitet. Bald gelangen Sie an eine Gabelung und folgen dem Hinweis links auf eine Pflasterpiste, an deren Rand hier und da eine noch passabel beradelbare Spur zu finden ist. Gemäß der Hinweise zum Königsstuhl wird nach einer Weile eine asphaltierte Straße erreicht, und Sie rollen kurz abwärts, bevor sich grobes Kopfsteinpflaster anschließt, auf dem Sie die letzten Meter hinauf zum Nationalpark-Zentrum Königsstuhl hoppeln dürfen.
Mit der beschaulichen Ruhe im Nationalpark Jasmund ist es beim Zentrum (Foto: Lapplaender) vorbei; denn alljährlich kommen Hunderttausende, so dass in Abhängigkeit von Saison, Wochentag und Wetter der eine oder andere durch den Andrang abgeschreckt werden dürfte. Aber immerhin ist es gelungen, an der Stelle eines ehemaligen Gasthofes und späteren Hotels, das zu DDR-Zeiten von den Grenztruppen genutzt wurde, einen Besuchermagneten zu schaffen, der die Touristenströme bündelt und so große Teile des Nationalparks entlastet, da die Aufnahmefähigkeit vieler Leute nach dem Besuch der Ausstellung erschöpft ist. Die 2.000 m² große Ausstellung ist selbstverständlich multimedial, atemberaubend und spannend, obwohl sie sich 'nur' mit der Natur und ihrer Entstehung im heutigen Nationalpark beschäftigt. Das ist nicht abwertend gemeint, mir waren es einfach nur zu viele Leute – geöffnet Ostern bis Okt. täglich 9-19 h, übrige Zeit 10-17 h, weitere Infos unter www.koenigsstuhl.com.
Auch den Königsstuhl (Abb.: DDR-Briefmarke, Quelle Wikipedia) mit seiner beachtlichen Höhe von 118 m und entsprechend großzügiger Aussicht werden Sie kaum in Ruhe genießen können, sondern müssen schon einen resoluten Charakter haben und etwas Mut aufbringen, um sich an den vielen Touristen vorbei in die erste Reihe direkt am Geländer zu drängeln.
Da Sie die Ostsee auf Ihrer Veloreise wahrlich oft genug zu Gesicht bekommen, lohnt das kaum, und die Kreidefelsen (Abb.: Caspar-David Friedrich, Kreidefelsen auf Rügen, Quelle Wikipedia) lassen sich ohnehin viel besser – und vor allem eindrucksvoller – bei einer kleinen Wanderung abseits dieses Highlights erkunden. Dabei ist 'Wanderung' wörtlich zu nehmen; denn der Weg entlang der Steilküste ist teilweise so stark eingeschnitten, dass Treppen angelegt wurden, weshalb Sie Ihr Velo besser stehen lassen. Wenn Sie beim Spaziergang auch noch die Wissbegier stillen möchten, sollten Sie sich einer der – Mai-Okt. täglichen – Führungen des Nationalparkamtes (nicht zu verwechseln mit dem Nationalpark-Zentrum!) anschließen – mehr erfahren Sie unter www.nationalpark-jasmund.de.
Nationalpark-Zentrum Königsstuhl,
Stubbenkammer 2, 18546 Sassnitz,
Fon 038392 / 66170,
E-Mail info@koenigsstuhl.com,
Internet www.koenigsstuhl.com.
Nationalparkamt Vorpommern,
Nationalpark Jasmund, Stubbenkammer 2a, 18546 Sassnitz,
Fon 038392 / 3501122,
Internet www.nationalpark-jasmund.de.
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Weiter geht es auf der asphaltierten Straße, die einige sanfte Wellen beschert, bevor Sie zur Landesstraße L 303 kommen und dieser rechts folgen, um nach Hagen zu fahren. Direkt beim Ortseingangsschild zweigen Sie links ab und müssen sich nun wieder mit schmalen Schotterstreifen neben einer groben Pflasterpiste begnügen, dürfen dafür aber unbehelligt von Kfz durch den schönen Wald radeln. Mit ein paar Wellen geht es bis zu einer querenden Pflasterpiste, wo Sie halbrechts abbiegen und nun auf einem extra angelegten Radweg fahren dürfen. Der fällt bald steil ab und führt zurück zum Pflasterweg, bevor Sie links abbiegen und damit das Pflaster hinter sich lassen.
Wieder sind einige Wellen zu meistern, bis Sie erneut auf eine Pflasterstraße stoßen, auf der nur noch ca. 400 m zurückzulegen sind, bevor der Wald verlassen wird und linker Hand ein asphaltierter Geh- und Radweg geboten wird, auf dem Sie zügig zum Ortsrand von Sassnitz gelangen. Einfach dem Verlauf des – teils betonsteingepflasterten – Geh- und Radwegs folgend geht es nach einer Weile geradezu auf einer schmalen asphaltierten Straße etwas abwärts, bevor Sie im spitzen Winkel auf eine breitere Straße stoßen und dieser bis zu einer abknickenden Vorfahrtstraße unmittelbar vor einem Bahnübergang folgen.
Dort gilt es zu entscheiden, ob Sie in die Stadtmitte möchten, was ich empfehle, um im Hafen den Duft der großen weiten Welt schnuppern zu können. Ggf. biegen Sie also links ab und radeln zunächst auf schon ziemlich altem Asphalt, später grobem Pflaster, bis die Straße bald nach einem Bahnübergang links abknickt und Sie an eine T-Kreuzung gelangen. Dort geht es rechts, beim alsbald erreichten Kreisverkehr links und damit zum nur noch wenige Meter entfernten, neu gestalteten Markt- und Veranstaltungsplatz, wo das neue Wahrzeichen von Sassnitz, die nebenstehende Hängebrücke, zu finden ist.
Sassnitz, 34 m ü.N.N., 9.500 Einw., entwickelte sich Ende des 19. Jh. dank der günstigen Lage zu einem bedeutenden Fährhafen – 1878 wurde die Linie nach Rønne (Bornholm, Dänemark), 1897 die nach Trelleborg (Schweden) in Betrieb genommen. Der zweiten Linie verdankt Sassnitz seinen (zumindest bisher) berühmtesten Besucher, der allerdings im April 1917 nur für eine Nacht blieb: Lenin musste während seines Weges vom Exil in der Schweiz nach Russland auf den Transfer nach Schweden warten. Die Deutschen stellten ihm für die Fahrt quer durch das Land ein exterritoriales Gebiet(!) in einem Eisenbahnwaggon zur Verfügung, damit er über Schweden nach Petrograd fahren konnte. Diese Geste gewährten die Deutschen aber natürlich nur mit einem Hintergedanken; Lenin sollte in Russland die Revolution anzetteln und so dafür sorgen, dass Russland aus dem Krieg gegen Deutschland ausschied, damit die Deutschen sich ganz der Front im Westen zuwenden konnten. Wie bekannt, erledigte Lenin diese Angelegenheit zufriedenstellend. Zu DDR-Zeiten wurde Lenin folgerichtig in Sassnitz ein Museum gewidmet, und zwar in der Form einer detailgetreuen Nachbildung des Eisenbahnwaggons (inkl. dem Kreidestrich, der Deutschland vom exterritorialen Bereich trennte). Heute mag man sich aber dessen nicht mehr rühmen.
Sie müssen allerdings auch heutzutage nicht dürsten, wenn Sie nach einer Besichtigung der Altstadt und des Hafens Ihren Wissensdurst stillen wollen, sondern können sich z.B. im Fischerei- und Hafenmuseum über die Bedeutung des Fischfangs für die Stadt informieren – geöffnet April-Okt. täglich 10-18 h, weitere Infos unter www.hafenmuseum.de. Immerhin beheimatete Sassnitz ein Fischkombinat, zu dem bis zu 200 Fischkutter gehörten. Und der Standort an der Hafenmeile beherbergt heute ein Unternehmen, das rund 280.000 Fischdosen täglich produziert. Wer darob auf den Geschmack gekommen sein sollte, kann dem Appetit zum Fabrik-Verkauf mit zugehörigem Bistro folgen: Rügen Fisch AG, Straße der Jugend 10, Westhafen; direkt am Ostsee-Radweg.
Je nach den individuellen Vorlieben kann man dem ehemaligen Fährterminal, dem nebenstehenden sogenannten Glasbahnhof, noch einen Blick gönnen, im Hafen ein (außer Dienst gestelltes) britisches U-Boot besichtigen (Infos unter www.hms-otus.com) oder in der Straße der Jugend den Schmetterlingspark Alaris besuchen, wo hunderte tropischer Schmetterlinge frei durch die Luft fliegen dürfen – www.alaris-schmetterlingspark.de.
Tourist Service,
Strandpromenade 12, 18546 Sassnitz,
Fon 038392 / 6490, Fax 038392 / 64920,
E-Mail mail@insassnitz.de,
Internet www.insassnitz.de.
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Die Hängebrücke ist den Fußgängern vorbehalten, also ruinieren Sie den Ruf der Velofahrer nicht unnötig und schieben Sie bitte. So bleibt auch genügend Zeit die Aussicht auf den Hafen zu genießen. Vorbei am Glasbahnhof geht es unten angekommen links am Hafen entlang (sowie vorbei an der Rügen Fisch AG) und nach einer Weile rechts auf der kleinsteingepflasterten und ziemlich ausgefahrenen Straße der Jugend sanft hügelan. An einer T-Kreuzung halten Sie sich rechts, zweigen bald darauf links in den Fischerring ab, versetzen an seinem Ende wenige Meter links/rechts und gelangen so auf den mit großen Betonplatten befestigten Geh- und Radweg der Mukraner Straße.
Nachdem Sie ein paar Plattenbauten passiert haben, versetzt die Route auf die rechte Fahrbahnseite, wo im Folgenden ein betonsteingepflasterter Radweg geboten wird, der mit abstrus hohen Kantsteinen aufwartet – die Tiefbauer lernen es wohl nie. Oder ist das womöglich pure Böswilligkeit? Aber ärgern Sie sich nicht zu sehr; denn schon bald erreichen Sie die Landesstraße L 29, an deren nordwestlicher Seite ein neuer, glatt asphaltierter Geh- und Radweg für die vorherige Tortur entschädigt.
So geht es – bald mit langem, sanftem Gefälle – bis zur Zufahrt zum Fährhafen Mukran, wo der Geh- und Radweg gleich nach einer beampelten Kreuzung endet und Sie auf die Fahrbahn wechseln. Nachdem die Schienen des Fährhafens überbrückt sind,
sausen Sie kurz abwärts und kommen hinein nach Neu Mukran, wo nach einem Parkplatz linker Hand wieder ein asphaltierter Geh- und Radweg beginnt und bald von der Straße weg näher an den Strand führt. Vielleicht wäre jetzt ein erfrischendes Bad in den Fluten genau das Richtige wäre. Danach folgen Sie einfach dem Asphaltband und kommen so vorbei am Abzweig zum Naturschutzgebiet Feuersteinfelder, die einst vom Meer aufgeschüttet wurden und so mächtig sind, dass nur ein spärlicher Bewuchs möglich ist.
Ohne Orientierungsprobleme leitet der asphaltierte Geh- und Radweg mit ein paar Schlenkern bis zu einer Straße, in die Sie links einbiegen. Zunächst rollen die Räder auf der Fahrbahn, später links auf einem Geh- und Radweg, bevor in Prora ein Bogen um das Eisenbahn- und Technikmuseum geschlagen wird (geöffnet April-Okt. täglich 10-17 h, www.etm-ruegen.de). Wenige hundert Meter weiter erreichen Sie einen Abzweig links zum Dokumentationszentrum Prora (geöffnet April, Mai, Sept. & Okt. täglich 10-18 h, Juni-Aug. 9:30-19:00 h, weitere Informationen unter www.dokumentationszentrum-prora.de), und ich empfehle, hier die offizielle Route des Ostsee-Radwegs zu verlassen, um die Ausstellung zu besuchen oder zumindest quasi im Vorbeifahren einen Blick auf die monströsen baulichen Anlagen zu werfen; denn
Prora zeigt, wie schwer es den Deutschen immer noch – und immer mal wieder – fällt, angemessen mit der Nazi-Vergangenheit umzugehen: Einerseits ist das „ehemalige KdF-Bad als Gesamtanlage“ unter eben diesem Titel in die Denkmalliste des Landkreises Rügen eingetragen, andererseits verfällt die Anlage in Teilen zusehends bzw. wird (hier und da) in einer Art und Weise genutzt, die schwerlich als denkmalgerecht bezeichnet werden kann (Foto: Dr. Schorsch). Dies mag einigen durchaus recht sein, doch sollte bedacht werden, dass Prora eines von fünf für jeweils 20.000 Urlauber geplanten KdF-Seebädern ist und das einzige, dessen Bau in Angriff genommen wurde. Schauen Sie sich die Anlage also ruhig ein bisschen genauer an.
Der Grundstein wurde am 2. Mai 1936 gelegt und damit ein halbes Jahr vor dem tatsächlichen Baubeginn, wohl um dem Volk - zum wiederholten Male - zu zeigen, wer nun das Sagen hatte, denn an diesem Tag jährte sich die Zerschlagung der Gewerkschaften zum dritten Mal, was hier insofern von besonderer Bedeutung ist, als die „Nationalsozialistische Gemeinschaft Kraft durch Freude“ (KdF) eine Tochter der „Deutschen Arbeitsfront“ (DAF) - dem 'Nachfolger' der Gewerkschaften – war (Foto: Bundesarchiv). Die KdF veranstaltete u.a. Kreuzfahrten auf KdF-eigenen Schiffen, doch hätte durch die monströsen Seebäder die nationalsozialistische Vorstellung von Urlaub viel effektiver umgesetzt werden können. Daher wurde beim Bau auch nicht gekleckert, sondern geklotzt, was auch eine - zugegebenermaßen billige - Anspielung auf den Architekten Clemens Klotz darstellt.
Klotz setzte sich in einem Wettbewerb gegen zehn andere Architekten durch, wohl vor allem weil er bereits andere Bauten für die Nazis betreut hatte und weil sein Förderer kein geringerer als Robert Ley war ('Reichsorganisationsleiter' und damit auch Chef der DAF und KdF). Auf den Entwurf war man so stolz, dass man ihn 1937 zur Weltausstellung in Paris einreichte, wo er sogar noch ausgezeichnet wurde – offensichtlich wollte niemand wissen, was die Realisierung bedeutet hätte. Oder man übersah schlicht die dahinter stehende Ideologie; denn nicht nur in Deutschland galt das Individuum wenig, und nicht nur hier wollte man die Nöte der Gründerzeit durch industrialisiertes Bauen beseitigen.
Manchen dürfte auch gefallen haben, dass alle 10.000 Gästezimmer Meerblick haben sollten und dass die Zimmer mit einer Größe von 2½ m * 5 m für damalige Verhältnisse durchaus groß genug waren (Foto: Thorsten Schramm). Auch dürfte imponiert haben, dass acht jeweils 550 m lange vollkommen gleiche Blöcke entstehen sollten, die sich zusammen mit den Nebenanlagen über 5 km an der Küste entlang gezogen hätten. Oder man begrüßte, dass bei ungünstiger Witterung große Liegehallen zur Verfügung stehen sollten, die von den Gästehäusern aus wie riesige Buhnen in den Strand geragt hätten.
Aber warum wunderte sich niemand über die Aufmarschplätze? Oder warum störte sich keiner an den für alle Gästezimmer geplanten Lautsprechern? Oder hätte nicht wenigstens eine Festhalle für 20.000 Urlauber irritieren müssen?
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Wenn Sie den südlichsten Block passiert haben, ist es Zeit, mit einem Versatz rechts/links zurück zur offiziellen Route des Ostsee-Radwegs zu fahren, wo es auf dem asphaltierten Geh- und Radweg schnurstracks weiter geht nach Binz. Dort knickt die Vorfahrtstraße rechts ab, und Sie werden nach links auf Betonsteinpflaster gelenkt, um sogleich eine Linkskurve zu absolvieren. Danach endet auf dieser Seite der Radweg, und Sie folgen einfach dem Verlauf der Straße vorbei am Bahnhof bis zu einem Kreisverkehr. Die Richtung haltend gelangen Sie auf dem schmalen Radweg der Jasmunder Straße nach einer Rechtskurve an den Abzweig links zur Fußgängerzone (Hauptstraße), die zum Etappenziel Normaluhr an der Seebrücke leitet.
Binz, 3 m ü.N.N., 5.100 Einw., ist das größte und wohl auch bekannteste Seebad Rügens und bietet nicht nur einen beinahe endlosen feinsandigen Strand, sondern auch besonders viele Hotels, Pensionen, Cafés und Restaurants im Stil der sogenannten Bäderarchitektur mit Wintergärten, Veranden und Loggien (Foto: Wikipedia). Dass diese Häuser nach der Wende so zahlreich (und gut) saniert wurden, ist auch der Denkmalschutzbehörde zu verdanken, die u.a. entlang der über 3 km langen Strandpromenade sehr viele Häuser unter Schutz stellte. Also nehmen Sie sich Zeit für einen geruhsamen Spaziergang, es lohnt sich. Wenn Sie mehr über die Bäderarchitektur erfahren wollen, empfiehlt sich übrigens ein Besuch im September; denn dann finden alljährlich Ausstellungen, Vorträge und Führungen statt, die sich ganz den Türmchen und Erkern sowie reich verzierten Vorbauten widmen.
Aber nicht überall beherrscht die Bäderarchitektur die Szenerie; denn Binz ist geradezu zweigeteilt in den 'modernen' Norden und den alten Kern mit zugehöriger Promenade und Kurhaus (1893 erstmalig erbaut und 1906 nach einem Brand an gleicher Stelle neu errichtet, Foto: SPBer). Aber das hat natürlich auch den Vorteil, dass man unterschiedlichen Geschmäckern gerecht werden kann.
Die ersten Badegäste kamen ab 1860, und 1884 wurde Binz offiziell Badeort. Schon 1900 (die nebenstehende Postkarte ist aus dieser Zeit, Quelle: Wikipedia) wurden 10.000 Gäste, 1910 sogar 22.000 gezählt. Möglich war dies durch den 1899 erfolgten Anschluss an die Kleinbahn Rasender Roland, die seinerzeit über Putbus nach Altefähr verkehrte und damit eine brauchbare Verbindung über Stralsund zu den großen Städten auf dem Festland (also der Kundschaft) herstellte. Heutzutage besitzt Binz außerdem einen Bahnhof für die Normalspur und wird sogar von Intercitys und Nachtzügen angefahren, so dass einer bequemen Anreise nichts im Wege steht.
Wenn Sie sich zu einem längeren Aufenthalt entschließen (und damit das Vorurteil der Gastgeber widerlegen, dass Velotouristen immer nur eine Nacht bleiben), können Sie sich die Zeit nicht nur am Strand vertreiben (Seenot-Rettungsstation von Ulrich Müther, erbaut 1968, Foto: Kra), sondern auch einen Blick in die inzwischen recht zahlreichen Galerien werfen oder dem Museum Ostseebad Binz (im Kleinbahnhof, Bahnhofstraße 54, geöffnet April-Okt. täglich 10-17 h) einen Besuch abstatten, das vor allem Exponate aus der Phase des aufstrebenden Badeorts präsentiert. Dazu zählt auch eine Sammlung historischer Postkarten, die vor 100 Jahren an die Daheimgebliebenen versandt wurden, so dass neugierige Zeitgenossen viel Zeit mitbringen sollten.
Kurverwaltung,
Heinrich-Heine-Straße 7, 18609 Ostseebad Binz,
Fon 038393 / 148148, Fax 038393 / 148145,
E-Mail info@ostseebad-binz.de,
Internet www.ostseebad-binz.de.
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Krüger Naturcamping Lohme-Nipmerow
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